In Sachen Überseequartier
Drucksache 19/6162
Was da unter diesem profanen Titel Mitte Mai im Parlament behandelt wurde, birgt das Potenzial für Ärger. Die Verträge rund um den Kauf des Überseequartiers sollen auf die geänderten Rahmenbedingungen in der Wirtschaft und in der HafenCity angepasst werden. Das Bauvorhaben des südlichen Teils des Überseequartiers steht von zwei Seiten unter Druck. Zum einen haben sich die Bedingungen auf dem Kreditmarkt seit der Bankenkrise massiv geändert und die Finanzierung steht auf dem Spiel. Auch weil sich zum anderen die Bedingungen auf dem Vermietungsmarkt aktuell und mittelfristig für Büroimmobilien empfindlich verschlechtert haben: „Eine Vorratsentwicklung ist auch an herausragenden Standorten wie in der HafenCity zur Zeit nicht darstellbar.“ lautet die Aussage des Autors der Drucksache, der angesichts der derzeitigen wirtschaftlichen Lage der Bürgerschaft sicher keine Neuigkeiten berichtet. Auf der Bankenseite haben sich die Voraussetzungen ebenfalls verschlechtert. Die Banken erwarten inzwischen eine Vorvermietungsquote von 60 Prozent für eine Kreditvergabe – und die einzelnen Banken gewähren nur noch geringere Kredittranchen, aktuell maximal zwischen 50 und 100 Millionen Euro. Bei einem Kreditvolumen von 550 Millionen für das südliche Überseequartier braucht das Konsortium jetzt wesentlich mehr Banken als vor der Krise. Unter diesen Vorzeichen lassen sich die zeitlichen Vorgaben aus dem Kaufvertrag nicht mehr einhalten.
Um zu verhindern, dass das Bauprojekt scheitert, greifen die Verhandlungsführer der Stadt, sprich HafenCity GmbH, und das Konsortium zu einem Kunstgriff. Die zeitlichen Vorgaben sollen gelockert werden, um das südliche Teilstück nicht in einem sondern in vier Teilstücken fertigzustellen und zu finanzieren. Zusätzlich soll die Stadt zusätzliche Mietgarantien ergänzend zur schon gezogenen Vermietungsoption in Höhe von maximal 45 Millionen Euro gewähren um die Finanzierung der Teilstücke zu ermöglichen. Dem Konsortium wird zu Gute gehalten, dass es die gesamte Kaufsumme von insgesamt rund 73 Millionen Euro vor der verabredeten Zeit gezahlt hat.
Soweit die Rahmenbedingungen für eine Verkettung unglücklicher Umstände beim Bau der HafenCity, die der Stadt Hamburg unter Umständen teuer zu stehen kommen. Nicht dass die Argumentationskette nicht schlüssig wäre. Eine Bauverzögerung oder gar ein Baustopp über mehrere Jahre würde der Stadt einen nicht wieder gut zu machenden Imageschaden bescheren. Niemand mag sich das Szenario ausmalen, was passieren würde, wenn die Haltestelle Überseequartier bei Fertigstellung in einem Sandhügel endet und doch – als wäre es nicht schon schlimm genug, dass die Wirtschaftsbehörde, Hamburg Marketing und Hamburg Tourismus zwangsweise ins Überseequartier ziehen müssen – ins noch nicht gebaute Südliche im übrigen – kommt es jetzt noch dicker – möglicherweise. Die Stadt beteiligt sich hier an einer Lotterie, an deren Ende entweder ein glücklicher Ausgang oder ein schreckliches Ende stehen. Hier müssen sich die Verantwortlichen der Frage stellen, ob sie sich das Spiel gönnen und leisten können, oder ob sich nicht möglicherweise andere Interessenten für Grundstücke in 1A-Lage finden lassen, die Stadt könnte ihr Rückkaufrecht geltend machen. Eine schwierige Frage angesichts der Kooperationsbereitschaft des Überseequartiers, das immerhin zusichert „die Bauvorhaben auch im südlichen Teil des Überseequartiers im vollen Umfang, wenn auch zeitlich gestreckt, realisiert werden.“ Da gilt es abzuwägen, ob dieselbe Loyalität, die die Stadt dem Übersee-Konsortium jetzt möglicherweise entgegenbringt umgekehrt genauso gelten würde. Die Bürgerschaft muss es entscheiden, sie hat das letzte Wort.