Irving Penn „Resonance“ und „The Illusion of Light“ im Palazzo Grassi in Venedig
Ausstellungstipp international
Vorsichtig setze ich einen Fuß vor den anderen. Um mich herum ist es schneeweiß; ich sehe nicht wohin ich gehe, wo der Raum endet, es gibt keinen Horizont, keinen Boden, keinen Himmel. Alles liegt im dichten Nebel. Irgendwann erreiche ich eine Anhöhe, die fließend in eine Wand übergeht.
Langsam drehe ich mich um, um den Rückweg anzutreten. Die Sicht ist klar; das Ende des Saales, die imposanten Marmorsäulen und die Museumswärterin sind deutlich zu erkennen. Ich gehe weiter, bleibe stehen, schaue zurück in eine weiße unendliche Wüste.
„The Illusion of Light“ ist ein Teil der Doppelausstellung im Palazzo Grazzi in Venedig, die noch bis zum 6. Januar 2015 läuft. Doug Wheeler, geboren 1939 in Arizona, ist einer der Künstler, die hier ausstellen. Der Beobachter und der Raum verschmelzen und werden zu einem Ganzen. Sein Werk D-N SF 12 PG VI (2012) (Fotografien leider nicht erlaubt) steigert das Bewusstsein unserer eigenen Körperlichkeit und zeigt gleichzeitig seine Grenzen auf.
Die Künstlerin Latifa Echakhch stammt aus Marokko; ihre Installation Fantome (Jasmin) (2012) ist mit einer Erinnerung verbunden: durch Beirut fahrend, sah sie einen Blumenhändler, der die Ware mit seinem Shirt abzudecken versuchte, in der Hoffnung, damit die Frische und den Duft der Blumen zu bewahren. Gleichzeitig ist ihre Installation eine Ode an die Beständigkeit in einer sich schnell wandelnden Welt.
20 internationale Künstler zeigen in der beeindruckenden Ausstellung „The Illusion of Light“ ihre Interpretationen von und mit Licht, einem der fundamentalen Elemente in der Kunst seit der Renaissance. Moderne Kunst, die sich wunderbar in die Architektur des neoklassizistischen Palastes einfügt.
Auf der zweiten Ebene des Palazzo Grassi findet zeitgleich eine Ausstellung mit Werken des berühmten Fotografen Irving Penn (1917-2009) statt. 130 Fotografien werden gezeigt, die Ende der 1940er bis Mitte der 1980er Jahre gemacht wurden. Darunter die weltbekannten Portrait-Aufnahmen von Pablo Picasso, Marc Chagall und Marlene Dietrich sowie die Arbeiterserie, die Penn in Frankreich, England und in den USA fotografiert hat: Menschen in ihrer Arbeitskleidung – Schlachter, Feuerwehrmänner, Straßenfotografen, die sich im Studio haben fotografieren lassen; einige stolz, einige neugierig und einige skeptisch. Ethnografische Fotografien von Stämmen in Neu Guinea, Marokko und der Menschen in Dahomey unterstreichen die Kürze der menschlichen Existenz, egal ob reich oder arm, bekannt oder unbekannt.
Beide Ausstellungen sind noch bis zum 6. Januar 2015 im Palazzo Grassi in Venedig zu sehen (www.palazzograssi.it)