Katharina Fegebank ist der weibliche Teil der Doppelspitze
Die Spitzenkandidatin der Grünen
Die Landeschefin der Grünen führt die Landesliste ihrer Partei an. Mit Jens Kerstan (Fraktionsführer seit 2008) bildet Katharina Fegebank (37) die grüne Doppelspitze im Wahlkampf.
Unter dem Motto „ Mit Grün geht das“ kämpft die Partei für eine möglichst starke Zustimmung zum eigenen Programm. Trotz oder gerade weil nach der Wahl eine Koalition mit der SPD in greifbare Nähe rückt.
HCZ: Frau Fegebank, was ist Ihrer Fraktion in den vergangenen 4 Jahren besonders gut gelungen?
Wir haben zu vielen Themen „den Finger in die Wunde“ der regierenden SPD gelegt. Insbesondere beim Volksentscheid zum Rückkauf der Netze haben wir bewiesen, dass eine gute Oppositionsarbeit etwas bewirken kann. Darüber hinaus haben wir ein Fracking-Moratorium erreicht und als Hamburger Grüne die Initiative angestoßen, wonach der Makler zukünftig von dem bezahlt wird, der ihn bestellt hat. Und auch wenn dieses Thema von der SPD auf die Bundesebene gebracht wurde, so ist dieser Erfolg auf unsere Anregung zurückzuführen.
Unseren Kernanliegen – wie z.B. die Stärkung des Radverkehrs und Fragen des Grüns in der Stadt – haben wir eine Stimme gegeben, das macht sonst keiner in der Bürgerschaft. Und auch die Aufklärungsarbeit rund um den Brand der Atlantic Cartier ist durch unsere Anfragen und Debatten vorangetrieben worden.
Zu den Aufgaben der Opposition gehört es auch, „Unruhe zu stiften“. Diese Aufgabe haben wir in den letzten Jahren sehr gut wahrgenommen.
HCZ: Über welche Entscheidungen des Hamburger Senats haben Sie sich besonders geärgert?
Vor allem über die Nicht-Entscheidungen: Uns hat schon frustriert, dass unser Kernthema „Umwelt- und Klimaschutz“ für den Senat keine Rolle gespielt hat. Hier hat die SPD wichtige Entwicklungen verschlafen.
Auch mit der Verkehrspolitik in der Stadt klappt nicht alles so, wie es sollte. Grund genug für uns Grünen nochmal klar zu machen, dass man mit mutigeren Schritten auch zu echten Verbesserungen für alle kommen kann.
HCZ: Bedeuten die Proteste gegen die Busbeschleunigung in der Stadt für Sie, dass die SPD mit ihrem Programm falsch liegt?
Wir haben von Anfang an gesagt, dass da viel Geld verpulvert wird, das an anderen Stellen sinnvoller eingsetzt werden könnte. Ich glaube, dass wir eine Verkehrswende für die Metropole Hamburg im 21. Jahrhundert brauchen. Wir brauchen einen Mix an sicheren, bezahlbaren und umweltfreundlichen Verkehrsmitteln. Ein Beispiel für veränderte Bedürfnisse ist, dass das eigene Auto für viele junge Menschen nicht mehr wichtig ist. Es ist Zeit für eine neue Mobilitätsdebatte.
Die kurzfristige Sicht der SPD auf das Thema Verkehr verspielt viele Chancen der Stadt. Es gibt keine ehrgeizigen Ziele für die Zukunft Hamburgs.
HCZ: Da sind Sie und die CDU sich einig …
Wir Grünen waren schon immer eine Partei der Veränderung und damit haben wir uns nicht immer nur Freunde gemacht. Das Thema Klimaschutz und die drastische Verringerung des CO2- Ausstoßes bleiben wichtige Zukunftsthemen. Das gilt übrigens auch für den von uns geforderten „grünen Qualitätshafen“, in dem ökologische Fragen und ökonomische Interessen künftig besser verzahnt werden müssen.
HCZ: Mit dem Themen Verkehrs- und Hafenpolitik haben Sie schon Mal zwei Themen, bei denen sich die Grünen und der potenzielle Koalitionspartner nicht wirklich einig sind. Es ist unwahrscheinlich, dass die SPD einer Stadtbahn zustimmt und auf die Elbvertiefung verzichtet.
Ob es Koalitionsgespräche geben wird, hängt davon ab, ob es gelingt, die absolute Mehrheit der SPD zu knacken – und von unserem eigenen Ergebnis. Dafür setzen wir uns mit unserem Wahlprogramm ein. Damit beweisen wir, dass Hamburg mehr Grün als Rot braucht. Es gibt gerade in einer Hafenstadt wie Hamburg hohe Erwartungen der Wähler an uns.
Wir wollen nicht um jeden Preis regieren und sollte es zu Sondierungsgesprächen oder zu Koalitionsverhandlungen kommen, werden wir hart verhandeln. Dass wir das können, haben wir in der Vergangenheit schon bewiesen.
HCZ: Dann schwebt das „Rot-Grüne-Gespenst“ wieder über den Unternehmern im Hamburger Hafen?
Diese Angst ist doch unbegründet. Wir wollen aus dem Hafen natürlich keine grüne Wiese machen. Wir haben gute hafenpolitische Konzepte, die wir im Dialog mit den wesentlichen Akteuren entwickelt haben. Es ist aber für uns auch sehr wichtig, in dieser Frage über die Grenzen Hamburgs hinauszuschauen und mit den anderen norddeutschen Küstenländern zusammenzuarbeiten.
Wir führen Gespräche mit den Entscheidern im Hafen. Ausschließlich auf den Hamburger Hafen zu schauen, ist, mit Blick auf Hamburgs Zukunftsfähigkeit und Innovationspotenzial, nicht richtig. Das haben im Hafen auch viele andere schon erkannt, auch wenn sie es nur hinter vorgehaltener Hand zugeben.
HCZ: Frau Fegebank, was können sich die Hamburger Wähler unter grüner Sozialpolitik vorstellen?
Die reiche Stadt Hamburg hat ein gewaltiges Problem mit Armut. Jedes vierte Kind in Hamburg lebt in Armut, in Hamburg-Mitte lebt sogar jedes zweite Kind von Transferleistungen. Bis zu 12.000 Essen gehen am Tag über die Hamburger Tafeln raus und wir sind auf dem Weg die Hauptstadt der Altersarmut zu werden. Die Schere zwischen Arm und Reich klafft erheblich auseinander.
Aus unserer Sicht sind gute Startchancen, gleichberechtigte Bildung und die Teilhabe von Kindern und Jugendlichen ein Weg, die Verhältnisse mittel- und langfristig umzukehren. Sozialpolitik ist für uns ein zentrales Politikfeld. Alle Menschen brauchen faire Chancen, das ist wichtig für den einzelnen, für den Zusammenhalt in der Gesellschaft und für den sozialen Frieden.
Frau Fegebank, vielen Dank für das Gespräch.