Kein Anschluss – das Ende der Busverbindungen in die Innenstadt
Der Glaube stirbt zuletzt
Nachfrage beim Busfahrer an einem Novembermorgen, ob die Buslinien 3, 4 und 6 in Zukunft wirklich nicht mehr die HafenCity anfahren werden: Nein, das glaube er nicht, es sei ja schließlich teuer gewesen, die Haltestellen samt Fahrgasthäuschen einzurichten, und Fahrgäste gäbe es ja auch genug. Ein Gespräch zwischen Busfahrgästen der Linie 6: Man glaubt, dass die U4 sicherlich zusätzlich zu den Buslinien eingesetzt werde.
Dem Glauben, dass dies wirklich so ist, wurde spätestens dann ein Ende bereitet, als HVV-Promotionsdamen die Busse bevölkerten, um fröhlich Fahrpläne der U4 zu verteilen. Die jetzigen Buslinien würden abgeschafft, aber es gäbe dann ja die Linie 111, die dann alle 20 Minuten verkehre. Zwischen Altona und Shanghaiallee, ergänze ich, nicht in die Innenstadt.
Mit dem Fahrplanwechsel am 9. Dezember hat sich einiges getan: Die U4 ist im Einsatz. Im Zehn-Minuten-Takt fährt sie vom Überseequartier über den Jungfernstieg zum Hauptbahnhof. Das dauert auch nur fünf Minuten. Der Weg zur U-Bahnhaltestelle, die einsam in der Großbaustelle liegt, nicht eingerechnet.
Am 10. Dezember kamen Angestellte auch gleich zu spät zur Arbeit, die Bahn fuhr zwar, die Rolltreppen allerdings nicht, und von denen gibt es einige in der Station Überseequartier, die der Unterwasserwelt nachempfunden ist. Aber Blau soll ja bekanntlich beruhigend wirken.
Ein etwas unglücklicher Zeitpunkt, die U-Bahn im Winter zu eröffnen: Wer am Kaiserkai wohnt und in die Innenstadt muss, hat nun die Wahl zwischen der U3 am Baumwall, die in sieben Minuten am Hauptbahnhof ist. Auch hier ist der Weg nicht eingerechnet und führt über drei Brücken, die zum Teil sehr vereist und rutschig sind.
Die Innenstadt – Petrikirche/Mönckebergstraße – ist mit den Bussen der Linien 3, 4 und 6 zügig zu erreichen gewesen. Dort kommt man zwar auch mit der U3 hin, aber auch hier ist die Problematik des gefährlichen Weges im Winter dieselbe. Wer alt und nicht gut zu Fuß ist, hat es jetzt schwer – und der Weg ist in diesem Fall leider nicht das Ziel. Die Wanderung zur U3 kann auch schon mal durch eine aufgeklappte Sandtorhafenklappbrücke ins Stoppen geraten und einen zwingen, 20 Minuten vor der Brücke im Schnee zu verharren. Dass Rentner, Anwohner der Marthastiftung und auch Schulkinder mit den Bussen sicherer und schneller an ihr Ziel gekommen sind, scheint hier nicht zu interessieren. Und wer mal abends mit der U4 in die HafenCity zurückgefahren ist, wird feststellen, dass er sich allein auf weiter Flur beziehungsweise auf der Baustelle befindet – auch nicht sehr beruhigend.
Man erfreut sich der Zahlen, die aussagen, dass die U4 gut angenommen wird – aber die Alternativen wurden ja auch vorsorglich abgeschafft, zu groß wohl die Befürchtung, dass die neue teure Bahn nicht mit den beliebten Buslinien konkurrieren kann.
Eine gute Neuerung im Zuge des Fahrplanwechsels ist allerdings die Einführung der Linie 111: Diese verbindet die HafenCity ab Shanghaiallee mit dem Westen und führt bis zum Bahnhof Altona. Die Linie wird vor allem bei Touristen sehr beliebt werden: Es geht nicht nur an der Elbe längs, sondern führt auch über die Bernhardt-Nocht-Straße: vorbei am Hafen-Grill, Astra-Stübchen und dem Tätowierladen Dänemark über die Reeperbahn, wieder zurück an die Elbe zum Fischmarkt, Elbstraße und bis Altona.
Klug wäre es gewesen, die 111 nicht an der Shanghaiallee enden zu lassen, sondern über Rathaus, Mönckebergstraße bis hin zum Hauptbahnhof fortzusetzen.
Alternativ hätte man darüber nachdenken können, die Linie 6 über die Magellan-Terrassen zu führen.
Es ist sicher richtig, neue Möglichkeiten wie eine U-Bahn-Verbindung für einen wachsenden Stadtteil zu schaffen. Genauso richtig ist es sicherlich, gut angenommene Verkehrsstrukturen zu erhalten. Aber so oft, wie in der HafenCity schon Streckenführungen geändert wurden, wird das hoffentlich noch nicht das letzte Mal gewesen sein. (AF)