Kunst und Vorurteil
The Wa
Ein eher beschaulicher Samstagmittag, Schnee und Frost führten eher zu einem langen Frühstück als zu einem langen Spaziergang, wurde am Vasco-Da-Gama-Platz durch ein besonderes Schauspiel unterbrochen. Einem „FlashMob“ ähnlich stürmten mehrere Dutzend junge Leute den Platz und platzierten Schilder mit politischen Parolen aus der Vergangenheit und Gegenwart des politischen Lebens Deutschlands. „No Pasaran“ aus Zeiten des Nicaraguakampfes stand einträchtig neben Plakaten des aktuellen Konfliktes rund um die Gentrifizierung, Parolen aus Zeiten der RAF neben der Intifada. Die Mischung der Plakate ließ dann auch schnell erkennen, dass es sich hier nicht um eine Demonstration mit anschließendem Wasserwerfereinsatz handelte, sondern eher ein Spass-Event ähnlich der Maiparade im vergangenen Jahr werden würde.
Ein Sofa und Freibier überzeugte auch die eilig herbeigeholte Polizei vom eher friedlichen Charakter und nach einer Stunde blieb nur ein harter Kern und ihr Sofa auf dem Platz zurück. Aufklärung über den Sinn der Aktion brachte ein junger Serbe der erklärte, es handele sich um eine Aktion des Berliner Künstlers „The Wa“, der mit Aktionskunst im öffentlich Raum verstören und stören möchte. Sie hätten vorher bei Max Bahr schon geübt, meinte der junge Mann und freute sich, dass hier endlich einmal Menschen in der HafenCity zu sehen seien. „The Wa“ hatte mit den Worten „Liebe Punks, Autonome, Obdachlose, Kanacken, Terroristen, Drogendealer, Parasiten, Asylbetrüger, Hütchenspieler, Arbeitslose, Studenten, Taugenichtse, Tagelöhner, Anarchisten, Rumstreuner – bitte lasst die Yuppies nicht alleine! Die Stadt gehört allen! Deshalb feiert am Samstag, den 13. Februar, 14 Uhr, mit The Wa in der HafenCity. Es gibt Vokü und Freibier für alle!“ eingeladen und zeigte mal wieder eindrucksvoll, dass niemand frei von Vorurteilen und Fehlurteilen ist. Ausgerechnet vor Genossenschaftswohnungen in der HafenCity gegen Gentrifizierung zu demonstrieren – sehr eindrucksvoll.
Ähnliche Störkunst gab es in und rund um die HafenCity schon reichlich. Angefangen mit der Illegalerie im Durchgang der Pfeilerbahn zur Banksstrasse, über die Guantanamo-Rehabilitierungscamps an der Shanghai-Allee bis zu „Pioneers-Wanted“ und nicht zuletzt der „subVision“ – über mangelnde Off-Kunst braucht sich die HafenCity nicht zu beklagen. Trotzdem eigentlich eine harmlose Überraschung, noch netter wäre es gewesen, wenn die Aktionisten ihren Müll wieder mitgenommen hätten.