Leichtigkeit der Waterkant
Kultur in der Seemannsmission
Zwei Meister des gesprochenen und gesungenen Wortes machten am 31. März im Seemans-heim am Krayenkamp fest. Vis-a-vis vom Hamburger Michel präsentierte Gerd Spiekermann, NDR- Grandseigneur des Plattdeutschen, Schnurren des Alltags. Der Hamburger Liederma-cher Eddy Winkelmann bewies, dass Blues von der Waterkant den Schalk im Nacken hat.
Balladen und Geschichten mit Groove hatte Inka Peschke, Geschäftsführerin des Seemanns-heim am Krayenkamp versprochen. Und über 80 Gäste kamen beim Frühjahrs-Benefizkonzert auf ihre Kosten.
Aus gegebenem Anlass eröffnete Winkelmann den Abend mit seinem Elbtunnelblues. Am Nachmittag vor dem Konzert war Hamburgs Nadelöhr wieder einmal nach einem Unfall zur Geduslprobe für Autofahrer geworden. Winkelmanns sang daher von denen, die im Tunnel die Kacheln zählen – und dass auch ein Porsche unterirdisch nichts nutzt, um fixer auf die andere Elbseite zu kommen. Motto des Wartezeiten-Blues: Wer braun gebracht reinfährt, kommt bleich wieder ans Tageslicht. Und auch andere Lieder nahmen mit Esprit die Marotten des Le-bens nicht so ernst. Winkelmann entlarvte Bruno, den Mitvierziger, der auf der Suche nach der Jugend kurzen Röcken nachschaut und die Kappe verkehrt herum aufsetzt. Oder er sang vom Matrosen "Jonny Möwenschiss". Oder sie berichten aus einer Sauna, wo ein Schwitz-Novize nicht fassen kann, dass 90 Grad gesund sein sollten.
Auch Spiekermann brachte diese Leichtigkeit des Seins im Alltag in muntere Zeilen, als er nostalgisch von Ahoi Brause schwärmte. Oder er zwinkerte frohgemut mit den Augen, wenn er über die Macke des Großstädters vertellt, der seine Zentralheizung gegen Guß-Öfen austauscht. Vorbei die Zeiten, dass Cord-Anzüge out sind. Spiekermann freut´s. Er ist bekennender Fan von Cordjacke und -hose. Selbst der Köm in der Kneipe wird bei Spiekermann zur humorigen Haste-nicht-gewusst-Geschichte. Früher, erinnert Spiekermann, gab´s Korn für die Männer, Scharlachberg für besondere Anlässe und Eckes Edelkirsch für Frunslü. Heute stehen hinter der Theke so viele Spirituosen, dass einem vom Hinsehen schon schwindlig wird.
Spiekermann ist auch sonst gut zu hören – im Radio. Als Redaktionsleiter ist er beim NDR zuständig für niederdeutsche Sprache. Seine Sendung ist Programm: Hör mal’ n beten to. Er erhielt u.a. den Heinrich-Schmidt-Barrien-Preis und den Fritz-Reuter-Preis. In der Seemanns-mission het he vertellt „Wat ick nich utstohn kann“. Winkelmann ist ein Hamburger Jung. Sei-ne Mutter spielte am Schifferklavier, sein Vater übte sich in Poesie – mit Folgen für Eddy. Er gab das „ordentliche Handwerk“ zu Gunsten handgemachter Musik auf. Seither präsentiert er seine hanseatische Spielart von Blues und Country. In der Mission erzählte er von seiner CD „Goldfisch“, wie er „unten am Strand" entlang schlendert und „weg von hier" will.