Liebe Hillary…

Liebe Hillary…
Liebe Hillary…

Buchtipp

 

Georgien, 2002: Der Anwalt Slims Achmed Makaschwili, der beim Seerechtsministerium angestellt ist, lebt eher schlecht als recht in Batumi. Für seine Arbeit hat er seit sechs Monaten kein Gehalt mehr bekommen, Strom gibt es sehr unregelmäßig und meist gar nicht, das Land ist rückwärtsgewandt, die Politiker – und nicht nur diese – sind korrupt. Als Senatorin Hillary Clinton für ihr Programm, das ehemalige Sowjetländer in erfolgreicher Geschäftsführung schult, Bewerber sucht, ist Slims begeistert. Er klaut das eingegangene Fax der Senatorin aus dem Büro und beginnt, ihr Briefe zu schreiben. Doch was schreibt man einer amerikanischen Senatorin? Was weiß diese über Georgien oder die Stadt Batumi? Wenn man Batumi googelt, ploppt dort nur ein einziges Bild auf, auf dem eine Palme zu sehen ist. Dazu schreibt ein Tourist: „Die Stadt sieht aus wie abblätternde Farbe“.

 

„Liebe Hillary,

glauben Sie an die Wahre Liebe? Wenn es so etwas wie Wahre Liebe gäbe, wäre ich dann nicht auch gestorben, als mein Vater starb? Hillary, was fühlen Sie wirklich für ihn, Ihren Ehemann? Ich weiß nicht mehr, ob Wahre Liebe im Wahren Leben zu finden ist, aber ich vermute, man findet sie in unseren georgischen Filmen. Wenn Sie unsere berühmten georgischen Filme nicht kennen, macht das nichts. Ich werde Ihnen davon erzählen.“

 

Slims diskutiert die Briefe mit seinem Freund Malchasi und seiner Schwester Juliet, die ihm auch beim Übersetzen hilft: Ihr Traum ist es, nach England auszuwandern, am besten mit dem Briten Anthony, der für ein Pipeline-Projekt in Batumi arbeitet.  Als Slims auf die Idee kommt, sich mit der Verpackung von Dornhai selbstständig zu machen und dies Hillary schreibt, passiert das Unglaubliche: Hillary – jedenfalls ihre Mitarbeiter – antwortet ihm. Sein Traum wird wahr: Er wird für sechs Wochen zu einer Schulung nach Amerika eingeladen.

 

„Die Straßen waren beleuchtet wie bei uns am Tag vor den Präsidentschaftswahlen. Als wir aus dem Bus stiegen, bemühte ich mich, genau aufzupassen, was Merrick sagte, während er auf das Straßenschild zeigte (…). „Wenn der Gedanke an die Heimat Sie traurig macht, können Sie dort Russisch sprechen. Und russische Produkte kaufen.‘ ‚Der Gedanke an die Heimat macht uns nur traurig, wenn wir dort sind, sagte ich.“

 

Amerika ist ein Kulturschock, genauso wie seine Einwohner. Und Slims‘s Humor verstehen die Amerikaner auch nicht. Ist das das Leben, was er sich gewünscht hat? Und wie wäre es, wenn Georgien kapitalistisch würde? „Im Himmel gibt es Coca Cola“ ist der erste Roman der Autorin Christina Nichol. Sie hat unter anderem in Russland, Kasachstan, Kirgisistan und Georgien gelebt und dort Englisch unterrichtet. Nichol nimmt den Leser mit auf die Reise in ein sehr ungewöhnliches Land mit Menschen, die nicht an Türen klopfen, sondern vor diesen stehen und schreien, um eingelassen zu werden. Amüsant – und anders.      AF

 

„Im Himmel gibt es Coca Cola“ von Christina Nichol | im Februar 2016 erschienen

mareverlag | 448 Seiten | gebunden mit Schutzumschlag | 22 Euro