Mein Schiff 2 getauft

Für die Öffentlichkeit war für die Zeremonie ein Grossbildschirm aufgestellt worden
Für die Öffentlichkeit war für die Zeremonie ein Grossbildschirm aufgestellt worden
NABU kritisiert TUI

Hamburg wird mehr und mehr zum Zentrum der europäischen Kreuzfahrtindustrie. Drei Taufen in einem Jahr, zwei Kreuzfahrtterminals und Niederlassungen aller bedeutenden Kreuzfahrtreedereien erzeugen einen Sog der alle Bereiche des wirtschaftlichen und gesellschaftlichen Lebens erfasst. Einen Abglanz davon spiegelt die Taufzeremonie des zweiten TUI-Cruises Schiffes mit dem wenig einfallreichen Namen „Mein Schiff 2“ wider. Rund 1.800 Ehrengäste aus allen Bereichen des Hamburger gesellschaftlichen und wirtschaftlichen Lebens wohnten der von Bettina Tietjen und Yared Dibaba moderierten Show bei – bei eher kühlen Temperaturen kein reines Vergnügen.

Die Mannschaft des Schiffes nimmt auf dem Vordeck Aufstellung
Die Mannschaft des Schiffes nimmt auf dem Vordeck Aufstellung
Zu Werbetrailern rund um die der nun zwei Schiffe umfassenden Flotte der TUI und Playbackgesang von Unheilig wünschte sich TUI-Cruises Chef Richard Vogel unter anderem endlich den Bau eines endgültigen Kreuzfahrtterminals in der HafenCity und wird damit sicher nicht auf taube Ohren stoßen. Altona hat es vorgemacht, wie schnell ein vernünftiges Terminal aus dem Boden zu stampfen ist und die HafenCity läuft Gefahr seinen Rang als erstes Terminal am Platz zu verlieren.

 

Bei kühlen Temperaturen waren zahlreiche Schaulustige am Strandkai unterwegs
Bei kühlen Temperaturen waren zahlreiche Schaulustige am Strandkai unterwegs
Auf die Kehrseite der Medaille des Kreuzfahrtgeschäftes machte der NABU anlässlich der Taufe der „Mein Schiff 2“ aufmerksam: „Das zweite TUI-Cruises-Kreuzfahrtschiff wurde für 55 Millionen Euro rundum erneuert, aber während die Fassade auf Hochglanz getrimmt ist, verbrennen die Motoren dahinter den billigsten und dreckigsten aller Kraftstoffe“, kritisiert NABU-Bundesgeschäftsführer Leif Miller die TUI und verbalisiert damit die Sorgen der direkten Anwohner an den Terminals. Bei dem Umbau des bereits 1997 als Celebrity Mercury gebauten Schiffes wurde viel Augenmerk auf die innere Ausstattung und die Anpassung des Schiffes an den europäischen Geschmack gelegt, eine Modernisierung der Maschinenanlage fand aber nicht statt. Der Luxusliner fährt mit Öl, das einen Schwefelanteil von bis zu 4,5 Prozent hat, und TUI hat auf den Einbau wirksamer Abgastechnik verzichtet. „Die Flotte von TUI Cruises fährt mit Rückstandsöl, das bis zu 4500 mal mehr Schwefel enthalten darf, als der Diesel, den Autos tanken. Auch einen Rußfilter sucht man an Bord vergeblich, deshalb verpestet allein ‚Mein Schiff 2‘ jeden Tag die Luft so stark wie 50.000 Autos“, erklärt Miller von der NABU.

Die Treppen und Wege waren gut gefüllt
Die Treppen und Wege waren gut gefüllt
Dabei ist die TUI natürlich nicht alleine mit ihrer Rolle als Umweltsünder. Weltweit setzt kein Kreuzfahrtschiff bisher Russfilter und Marinediesel ein, es wird sehr wohl aber auf die Einhaltung von Umweltrichtlinien im restlichen Betrieb eines Schiffes geachtet. Mit seiner Forderung nach einem Einsatz von umweltfreundlicheren Treibstoffen auf Schiffen und die Ausrüstung aller Schiffe mit modernen Abgassäuberungstechniken steht der NABU nicht alleine: Auch der Germanische Lloyd weist darauf hin, das Landstromversorgung nicht für den Umweltschutz ausreicht und zeigte auf seiner Pressekonferenz zum Thema auf der SMM Wege zur Reduktion von Abgasen auf. Der GL schlägt aber statt dem Einsatz von Marinediesel und Russfiltern den Einsatz von LNG – Liquified Natural Gas – Flüssiggas vor. Der Antrieb mit Flüssiggas hat gegenüber klassischer Schwerölverbrennung nicht nur ökologische Vorteile. 

Für Fotografen ein gefundenes Fressen
Für Fotografen ein gefundenes Fressen
Zur saubereren Verbrennung kommen günstigere und günstiger werdende Preise. Dabei hält sich der zusätzliche Aufwand für den Einbau der ein Drittel größeren Gastanks durchaus in Grenzen. „Für die Umwelt und die Gesundheit der Anwohner in den Häfen und Küstengebieten ist „Mein Schiff2“ alles andere als ein „Wohlfühlschiff“, erklärt NABU-Verkehrsexperte Dietmar Oeliger. Diverse Studien zeigen, dass die Schiffsemissionen weltweit jedes Jahr bis zu 60.000 vorzeitige Todesfälle verursachen, allein in Europa sterben daran bis zu 24.000 Menschen. „TUI hat mit seiner wachsenden Flotte einen Anteil an dieser Entwicklung“, unterstreicht Oeliger. Der NABU will den Druck auf die Reeder weiter erhöhen. „Die Kreuzfahrtunternehmen müssen mit gutem Beispiel vorangehen und dürfen nicht aus reiner Profitgier am billigen Schweröl festhalten.“ Eine Chance zur Besserung hat die TUI schon bald. Ein drittes Schiff – diesmal wirklich ein Neubau – ist in Planung und könnte Musterbeispiel für den Einsatz moderner Antriebstechniken sein. Wer wenn nicht deutsche Kreuzfahrtunternehmen könnte diese Rolle übernehmen. Wer wenn nicht Hamburg als europäische Umwelthauptstadt könnte eine solche Forderung stellen.

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