Mojib Latif und Marslene vom Anderen Stern erklären
Klimawandel oder „Warum der Eisbär einen Kühlschrank braucht“
„Warum der Eisbär einen Kühlschrank braucht“ – dafür braucht man in einer eisigen Hamburger Nacht, in der die Elbe zufriert, etwas Vorstellungsvermögen oder jemand, der einem das erklärt: Der bekannte Klimaforscher Mojib Latif ist zum Auftakt der Schwarzen Hafen-Nächte 2012 in die Speicherstadt-Kaffeerösterei gekommen. Die letzte Klimakonferenz, an der Latif teilnahm, war 2007 in Heiligendamm; eine Konferenz, auf der mal wieder nichts entschieden wurde und das einzig Positive, was Latif dann auf Nachfrage dem Fernsehen sagen konnte, war, dass man sich im nächsten Jahr wiedertreffen würde.
Sein Buch „Warum der Eisbär einen Kühlschrank braucht – und andere Geheimnisse der Klima- und Wetterforschung“ habe er aus Verzweiflung geschrieben. Die Menschen nähmen das Problem des Klimawandels nicht ernst, weil es keine unmittelbare Bedrohung darstelle. In seinem Buch – und an diesem Abend – lässt er jemanden zu Wort kommen, der das Thema ganz objektiv betrachtet: Marsmännchen, die aufgrund des frostigen Marsklimas unter Tage leben müssen, blicken – mit Hilfe von „Google Mars“ – auf die Erde. Sie sind neidisch, denn die Erde hat optimale Klimabedingungen für ein Leben auf und nicht unter der Erde. Doch die Marsmännchen, allen voran Professor Marslene vom Anderen Stern, die an der Marsuniversität Expertin für Planetenkunde ist, sind entsetzt: Die Menschen benutzen ihren Planeten als Müllkippe. Sie brennen ihre Wälder ab, benutzen Technologien (wie zum Beispiel Atomkraft), deren Risiken und Auswirkungen sie nicht einschätzen können, und setzen Tiere, die vom Aussterben bedroht werden, auf rote Listen – das war’s dann aber auch schon.
Wenn die Marsmännchen so ein Juwel wie die Erde hätten, würden sie ihn ganz anders behandeln.
Auf der Erde gibt es ein Klima, das ohne verschiedene Wetterabläufe nicht existieren würde: Das Chaos hat System. Statt über Regen zu schimpfen, solle man sich fröhlich „Frohen Tiefdruck!!“ wünschen und dem Tiefdruck einen Feiertag widmen.
Ob es 5 vor oder 5 nach 12 sei, was den Klimawandel angehe, das wisse keiner, so Latif, aber wir befinden uns auf dem falschen Weg.
Die Erwärmung wird weiter fortschreiten, der CO2-Ausstoß weltweit nicht sinken; und das hat mehr Extreme im Wetter zur Folge, wie Trockenperioden, starke Überschwemmungen und steigende Meeresspiegel.
Das Problem sei nicht nur die Erwärmung an sich, sondern die Schnelligkeit, mit der diese voranschreite; das werde die Natur nicht verkraften, da sie nicht die Zeit habe, sich anzupassen.
Was außerdem eklatant sei, das Klimaforscher seit über 100 Jahren dasselbe feststellen und die Menschen vor der Erwärmung warnen, aber „wir müssen den Hintern hochkriegen!“.
Da hilft es auch nicht, wenn Deutschland seinen CO2-Ausstoß verringert, aber China und Indien ihren Ausstoß eklatant erhöhen – wobei es hier richtig interessant wird, als es um die „graue Emissionen“ geht: China und Indien produzieren nicht nur für sich selbst, sondern auch für den Export, also für uns.
Wir müssen unser Verhalten ändern, und das Thema Klimawandel muss präsent sein. In den Medien, in der Politik, in der Wirtschaft – und beim Bürger.
Ein Abend, der nicht nur nachdenklich macht, sondern auch zum Handeln aufruft. (AF)