Ohne Not in Gefahr
Irgendwie typisch Hamburg: Die MS Stubnitz droht an den Klippen der Hamburger Bürokratie zu zerschellen
Wer jemals auf der MS Stubnitz eine Party gefeiert und eine Nacht durchgemacht hat, wird dieses Schiff nicht mehr vergessen. Der ehemalige DDR-Kühlfrachter ist ein kleines Universum für sich, Bühnen, Kinos und Bars erstrecken sich durch verwinkelte Gänge, verbunden über das ganze Schiff, abgeschirmt von der Außenwelt durch die dicke Isolierung aus Zeiten des Fischfangs. Konzerte, Partys und andere kulturelle Veranstaltungen können in unmittelbarer Nähe zur Wohnbebauung stattfinden, ohne dass sofort die Polizei gerufen werden muss. Eigentlich sollte es ein Idealfall für eine Metropole wie Hamburg sein, dass so ein Kleinod und Glücksfall wie die Stubnitz sich die Hansestadt als neuen Heimathafen auserkoren hat. Mehrfach preisgekrönt als Veranstaltungsort konnte sich das Konzept in seinem alten Heimathafen Rostock nicht mehr wirtschaftlich tragen, seitdem reist das coole Schiff durch die Weltgeschichte, immer auf der Suche nach Liegeplätzen, wo es geduldet wird und wo die Crew halbwegs wirtschaftlich arbeiten kann.
Zuletzt waren das Schiff und seine Mannschaft in London, Dünkirchen und Bremen, meist in einer der hintersten Ecken der Häfen, verbannt und trotzdem erfolgreich – so erfolgreich, dass sich schnell Neider fanden und hinter den Kulissen gegen das Schiff agierten. Lokale Gastronomie, Hüter von Moral und Ordnung oder auch den jeweils lokalen Hafenbehörden ist die schwimmende Eventlocation ein Dorn im Auge. Dadurch, dass das Schiff mit seinen rund 5 Metern Tiefgang meist in den Seehäfen der Städte festmachen muss, unterliegen die Veranstaltungen den Sicherheitsbestimmungen der Hafenbehörden, die Liegeplätze sind meist nur schwierig zu erreichen. In Hamburg könnte es anders sein. An seinem derzeitigen Liegeplatz am Baakenhöft hat die Stubnitz eine direkte Anbindung an die U4, von der Haltestelle HafenCity-Universität ist es nur ein Katzensprung über die Baakenhafenbrücke und schon ist man an Bord. Mit dem Besucheraufkommen einer Millionenmetropole wie Hamburg im Hintergrund hätte das Schiff endlich das Potenzial für ein langfristig tragfähiges Konzept. Dabei könnten sich Schiff und Ort gegenseitig befruchten. Mit dem Schuppen 29 in unmittelbarer Nachbarschaft soll ein auf zehn Jahre angelegtes Kulturkonzept entstehen, das den noch unbelebten Osten der HafenCity mit Leben füllen soll und kann. Eigentlich sollte man meinen, dass sich die Stadt Hamburg nun freut und versucht, das Schiff in der Stadt zu halten, doch dem ist nur begrenzt so.
Bei einem Gespräch am Rande des Elbjazzfestivals beim Empfang der Musikwirtschaft auf der Stubnitz erklärte Urs Blaser, genannt Blo, den anwesenden Vertretern von Bezirk, HafenCity GmbH und der Politik seine Probleme. Die HPA, die Hamburger Hafenbehörde, möchte den Liegeplatz nicht langfristig hergeben, die Stubnitz solle sich doch im Herbst einen neuen suchen. Zwar wurden Ersatzliegeplätze in Aussicht gestellt, doch keiner hat das Potenzial der Baakenhöft. Um das Schiff wirtschaftlich betreiben zu können, sei man auf eine vernünftige Anbindung an das Nahverkehrsnetz angewiesen, erklärt Blo, und wirkt ein wenig resigniert dabei. Sowohl der Bezirk als auch die HCH versuchen, die Stubnitz zu halten, die HPA entzieht sich aber allem gutem Zureden mit der Argumentation, dass man den Liegeplatz als Ersatzanleger für Kreuzfahrtschiffe brauche und die Nutzung der Stubnitz sich nicht mit einem Seehafen vertrage. Ein etwas wenig fadenscheiniges Argument, wenn man sich die tatsächliche Liegeplatznutzung in den letzten Monaten ansieht: Ein einziges Mal – zum Hafengeburtstag – lag tatsächlich ein Kreuzfahrtschiff an der Baakenhöft, eines in einer Größe, bei der eigentlich auch beide Schiffe an der Kaimauer hätten liegen können. Eine offensichtliche Lösung für das Problem hätte es in sich. Die nördliche Seite der Baakenhöft direkt vor der Baakenhafenbrücke würde sich anbieten, sie liegt außerhalb des Hoheitsgebietes der HPA in Hoheit des Bezirkes und der HCH. Problem: Der Bereich ist inzwischen verlandet und müsste für viel Geld wieder auf Tiefe gebracht werden – Geld, das weder der Bezirk noch die HCH, geschweige denn die Stubnitz aufbringen kann. Blo, Schweizer und nicht Rostocker, wie man denken könnte, ist der letzte Überlebende des ursprünglichen Künstlerkollektives, das die Stubnitz vor dem Abwracken gerettet hat, hofft immer noch auf eine einvernehmliche Lösung für den jetzigen Liegeplatz. Hamburg sollte ihn und das Schiff dabei unterstützen. Fans hat das Schiff genug in der Hansestadt, jetzt müssen nur noch die betreffenden Stellen ein einziges Mal über ihren Schatten springen, doch scheint es keine Bewegung zu geben. Auf Nachfrage bei Bezirksamtschef Andy Grote am Rand des HSH Nordbank Runs lautete dessen einsilbige Antwort auf die Frage, wie es denn um den Liegeplatz der Stubnitz bestellt sei: „Schwierig.“