Portugal zu Gast im Carls
Trio Fado
Passend zu den ersten richtig warmen Tagen im Sommer kam Musik aus einem Land in die HafenCity, bei dem man unwillkürlich auch an Wärme und Sommer denkt. Portugal. Lissabon, Stadt am Tejo, weiße Mauern, enge Gassen, die Affama, die Altstadt Lissabons mit ihren uralten Straßenbahnen und dem Fahrstuhl von Gustav Eiffel. Man sollte meinen, in einer solchen Stadt wohnen nur glückliche Menschen. Und doch überfällt den typischen Lissabonner von Zeit zu Zeit Melancholie, die Saudade, und dann ist das beste was man tun kann entweder traurige Lieder zu singen, oder traurigen Liedern zu lauschen. In der Alfama findet man an jeder Ecke eine Kneipe, in der der Fado gesungen wird.
Wenn einem dann die Melancholie überfällt ist der Weg meist nicht weit, um zusammen mit Gleichgesinnten und Gleichtemperierten einen Abend mit Fernweh und Sehnsucht zu verbringen. In Deutschland ist der Weg in eine Fado-Kneipe meist sehr viel weiter, um so besser, wenn das „Trio Fado“ sozusagen Hausbesuche macht. Im Carls zu Gast, das Portugiesenviertel um die Ecke, kann man es sich schon mal gut ergehen lassen, mit dem Gedanken spielend, es könne einem schlecht gehen, denn eigentlich wollte man schon auf der großen Reise mit dem gerade vorbeifahrende Schiff sein.
Glücklicherweise geht es einem aber gut, richtig gut, denn man wird mit Wein und Essen versorgt, und im Salon Privé singen Maria Carvalho und António de Brito vom Morgengrauen in der Alfama und dem alten Lissabon. Das „Trio Fado“, das eigentlich ein Quartett ist, wurde in Berlin gegründet und besteht aus zwei Portugiesen und zwei Deutschen – klingt so, als hätte es auch in Hamburg gegründet werden können. Die beiden portugiesischen Mitglieder sind selbstverständlich für den Gesang zuständig, während der Deutsche Daniel Pircher die Guitarra Portuguesa spielt, eine Art von Mandoline, unverzichtbar im Fado. Das Cello wird normalerweise von Benjamin Walbrodt gespielt, der an diesem Abend wegen einer Asienreise äußerst würdig von Julia Kursawe vertreten wird, einer Cellistin, die sonst mit eigenem Barockorchester unterwegs ist.
Eigentlich soll der Fado ja nicht Spaß machen, sondern ein Lebensgefühl ausdrücken, trotzdem bereitet dieser Sommerabend im Carls großes Vergnügen. Der Funke zwischen dem Publikum im restlos ausverkauften Carls und dem Trio aus vier Musikern springt sofort über, nicht zuletzt auch wegen der zahlreich anwesenden Fans des Fados. Ein feiner Abend, der durch eine ungewöhnliche Performance von Daniel Pircher gekrönt wurde. Er beherrscht den mongolischen Kehlkopfgesang Hosoo, der zusammen mit der Gesang von de Brito und dem Cello von Julia Kursawe eine unglaubliche Fusion von Ost und West eingeht, wie die Portugiesische Sprache, in der arabische und afrikanische Wurzeln die Sprachmelodie beherrschen. Da Capo!
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