Reiserecht – Ärger, Mängel, Reklamationen und deren Stolperstellen
Nachdem im ersten Teil dieser Beitragsreihe den Vertragsverhältnissen des Reisenden zum Reiseveranstalter sowie zum Reisevermittler nachgegangen wurde, geht es nunmehr um die Rechte des Reisenden – zunächst vor Reiseantritt:
Vor allem die über das Internet gebuchten Reisen werfen die Frage auf, ob dem Reisenden in seiner Eigenschaft als Verbraucher ein Widerrufsrecht nach fernabsatzrechtlichen Vorschriften zusteht. Das Gesetz nimmt jedoch solche Dienstleistungsverträge in den Bereichen Unterbringung, Beförderung, Lieferung von Speisen und Getränken sowie Freizeitveranstaltungen aus, wenn die Dienstleistungen zu einem bestimmten Zeitpunkt oder innerhalb eines genau angegebenen Zeitraums zu erbringen sind (§ 312b Abs. 3 Ziff. 6 BGB). „Diese Ausnahme betrifft primär touristische Dienstleistungen. Der Reiseveranstalter soll nicht auf Vorleistungen sitzen bleiben, wenn der Verbraucher dann noch widerruft“, erklärt RA Dr. J. R. Mameghani. Bei Pauschalreisen, Bestellung von Hotelzimmern, von Karten für Musicals oder Fußballspielen ist das Fernabsatzrecht daher dann nicht anwendbar, wenn diese Leistungen zu einem bestimmten Zeitpunkt oder innerhalb eines bestimmten Zeitraums erbracht werden. „Ist dies aber nicht der Fall, wie z.B. bei einem frei abtretbaren Flugticket oder einem ganzjährig einlösbaren Eintrittsschein in eine Kunstausstellung, steht dem Verbraucher auch ein Widerrufsrecht zu.“, schränkt RA Dr. J. R. Mameghani ein.
Welche Rechte hat der Reisende noch vor Reisebeginn? Der Reisende kann im Fall einer erheblichen Änderung einer wesentlichen Reiseleistung oder bei einer Erhöhung des Reisepreises um mehr als 5% kostenfrei zurücktreten und die Erstattung des bezahlten Reisepreises verlangen. Einzelfälle einer wesentlichen Änderung sind z.B. ein Ersatzhotel, wenn es weder im Standard noch in Örtlichkeit dem gebuchten Objekt entspricht oder aber Bahn- statt Flugverkehr bzw. statt Komfortbus oder Charter- statt Linienflug. „Der Fluggesellschaft kommt dabei immer größere Bedeutung zu, da Reisende vermehrt auf bekannte und renommierte Airlines achten“, fügt RA Dr. J. R. Mameghani hinzu, „dies wird auch von Gerichten zunehmend mitberücksichtigt“. Erhöhungen des Reisepreises kommen nur in Betracht, wenn ein Änderungsvorbehalt in den AGB enthalten ist, konkrete Angaben zur Berechnung des neuen Preises erfolgen, es nur um Beförderungskosten bzw. Abgaben geht und die Preiserhöhung vor dem 21. Tag des Abreisetermins vorgenommen wird. Zudem muss eine Viermonatsgrenze zwischen dem Vertragsschluss und Reiseantritt gegeben sein.
Ungeachtet dessen können die Parteien natürlich auch einvernehmlich vor Reiseantritt eine Vertragsänderung vornehmen oder der Reiseveranstalter eine (kostenlose) Stornierung anbieten (Beitrag wird fortgesetzt).
RA Dr. J. R. Mameghani ist Mitarbeiter der Kanzlei Schlömer & Sperl Rechtsanwälte.
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