Saisoneröffnung im Kontorhausviertel

Der Kultursenator allein vor der Galerie Borchardt
Der Kultursenator allein vor der Galerie Borchardt
Lange Nacht der Galerien

Ein ungewöhnliches Bild im Kontorhausviertel. Dort wo allenfalls Mittags die Straßen voll mit Angestellten, unterwegs auf der Suche nach einem anständigen Mittagessen, belebtt sind, füllen sich gegen Abend die Straßen mit Menschen. Rund um das Chilehaus zieht aufgeräumt fröhliches Volk von Galerie zu Galerie und macht sich entspannt mit den neuen Ausstellungen vertraut. Egal wo man an diesem Abend hinkommt, überall das gleiche Bild. Menschen vor Kunstwerken, angeregt in Gespräche vertieft. Die unterschiedlichsten Typen treffen aufeinander, Pöseldorf trifft kunstinteressiertes Schanzenviertel, HafenCity trifft Eimsbüttel.

In der Förderkoje - Holzfrauen
In der Förderkoje - Holzfrauen
Mit dabei unter den Kunstnachtschwärmern: Der neue Kultursenator Reinhard Stuth. Er hat zwar seine Entourage irgendwo unterwegs verloren, amüsiert sich aber ohne Begleitung prächtig. „Ein toller Event“ kann man ihm entlocken, dann geht es in die nächste Galerie. Anlass und Ursache für diese lange Nacht der Kunst ist die gemeinsame Saisoneröffnung von elf Galerien in und um das Kontorhausviertel. Statt dass jede einzeln nach dem ruhigen Sommer wieder mit neuen Ausstellungen beginnt, starten die Galerien seit Jahren zusammen in den Kunstherbst, oder ein paar Monate später in den Frühling und machen ihn so für sich und die Kunstszene zum Event, bei dem alle auf ihre Kosten kommen.

 

Mittendrin statt nur daneben - auf der Suche nach seinem Anhang - Kevin Stuth
Mittendrin statt nur daneben - auf der Suche nach seinem Anhang - Kevin Stuth
Frühabendliches Epizzentrum ist zunächst der Hopfensack und die dortige Galerie Borchardt. Eine Performance von Clemencia Labin ist angesagt und die Menschen betrachten eingehend die amorphen, organischen Formen ihrer „Pulpa“ genannten Objekte. Gleich nebenan die Galerie Robert Morat mit einem kompletten Kontrastprogramm. Fotografien mit „New Trees“ – neuen Bäumen – von Robert Voit lassen die Besucher nahe an die Bilder herantreten, um sich die in die Landschaft konstruierten künstlichen Bäume genauer anzusehen.

Lateinamerikanische Kunst in der Galerie Borchardt
Lateinamerikanische Kunst in der Galerie Borchardt
Wieder eine Ecke weiter irritiert Philip Gaiser in der Galerie Conradi das Publikum mit seinen Arbeiten. Ganz am westlichen Ende des Viertels gibt es in der Galerie mit dem unaussprechlichen Namen „White Trash Contemporary“ konventionelle aber nicht minder nachdenklich machende Ölmalerei von Andrea Ventura. Seine „Rooms & Nudes“ erschließen sich sowohl auf den ersten als auch auf den zweiten Blick. Auf dem Weg nach Osten kommt trifft man sich bei Evelyn Drewes in der Galerie PopArtPirat und dem dortigen „Picture Slam“. Drei Künstler treffen aufeinander die sich ganz unterschiedlich mit Wirklichkeit auseinandersetzen. Auffällig: Die Arbeiten von Till Julian Huss, der mit vermeintlichen Szenen aus Stummfilmen, Grau in Grau, sofort die Aufmerksamkeit der Besucher einfängt. Weiter geht es zu „Kramer Fine Art“, wo sich die Koreanerin Kyung-hwa Choi-ahoi per Zeichnung mit den Merkwürdigkeiten des Alltags auseinandersetzt, zu den Galerien am Klosterwall.

Dichtes Gedränge in den Galerien
Dichtes Gedränge in den Galerien
Bei Melike Bilir, Hengevoss-Dürkop, Carolyn Heinz und Mekiko Sato – drei davon Galerien im Galeriehaus Hamburg, Melike Bilir auf der gegenüberliegenden Straßenseite, gibt es wieder ein ganzes Universum an Kunst zu entdecken. Da trifft Modernes in Form von Martin Meiswinkels Arbeiten in Öl und Acryl auf Objekte von Verena Issel, die vom Wind gezeichneten Bilder der Japanerin Rikuo Ueda auf die mit roter Tinte gearbeiteten Zeichnungen von Bea Emsbach. Im Münzviertel schließlich gibt es bei Renate Kammer die Arbeiten von Georg Polke zu sehen, dem Sohn von Sigmar Polke. Um sich Reinhard Stuth anzuschließen: „Ein schöner Event“ und der Abend ist viel zu kurz um alles wirklich in Ruhe zu sehen. Hier kann dem Nachtschwärmer nur der Tipp gegeben werden sich die meist noch bis spät in den Oktober laufenden Ausstellungen noch mal in Ruhe zu den regulären Öffnungszeiten anzusehen.

Auch voll - die Galerie Popart-Pirat
Auch voll - die Galerie Popart-Pirat
Elf Galerien in vier Stunden sind eine echte Herausforderung und wollen bewältigt sein. Im Frühjahr sollte der Kunstliebhaber vorbereitet sein. Bequemes Schuhwerk hilft bei der Bewältigung des Pensums. An diesem kleinen aber feinen Detail konnte man im übrigen die Novizen von den erfahren Adepten der langen Nacht der Galerien unterscheiden.

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