Saubere Luft für die HafenCity
Landstrom ist machbar – oder?
Der Industrieverband Hamburg stellte am Montag zusammen mit Vattenfall, Siemens und dem Germanischen Lloyd eine Studie zum Bau einer Landstromversorgung für das Kreuzfahrtterminal vor. Anlass der nicht vom Hamburger Senat in Auftrag gegebenen Arbeit ist laut IVH-Vorsitzenden Frank Horch eine Versachlichung der Diskussion.
Laut Studie muss bei einer angenommen Versorgung von zeitgleich zwei Kreuzfahrtschiffen mit Investitionskosten in Höhe von 24 Millionen Euro gerechnet werden. Dafür werden mehrere Starkstromkabel von dem noch zu bauenden Umspannwerk im Oberhafen quer durch die HafenCity unterirdisch zum Kreuzfahrtterminal verlegt werden und dort von zwei Umformern in dass für die Schiffe benötigte Stromformat umgewandelt werden. Als Vorableistung würde Vattenfall für die benötigten Kabel Leerrohre verlegen.
Eine Zwangsversorgung lehnt Horch aber ab. Zu schwerwiegend wären die Wettbewerbsnachteile für den Kreuzfahrtstandort Hamburg.
Der Bau einer solchen Anlage in der HafenCity ist aber mit Schwierigkeiten behaftet. Wer die Studie genauer liest, wird feststellen, dass die Autoren Probleme beim Standort Kreuzfahrtterminal sehen. Um Alle Vorschriften zu erfüllen und wirtschaftlcih zu bleiben, müssten die Umformer unterirdisch in der Nähe der Kaianlage verbaut werden. Dies muss zum einen vor dem Bau des Kreuzfahrtterminals geschehen, und zum anderen in technisch schwierigem Untergrund. Die Kaimauer am Chicagokai, so die offizielle Bezeichnung des Kais am Kreuzfahrtterminal, ist mehrfach überbaut worden und mit Quergründungen die zum Teil nicht mehr kartiert sind, abgesichert. Der Kai selbst darf nicht mit sichtbehindernden Oberflächenbauten versehen sein, da einerseits der Kai als Promenade bei Nichtbenutzung durch Kreuzfahrtschiffe dienen soll und andererseits internationale Vorschriften das so vorsehen.
Die 24 Millionen Euro sind, wie in der HafenCity täglich erlebt, also nur eine zwar defensive, aber unter Umständen zu niedrige Schätzung. Was bekommt die Stadt dafür? Wer sich das Immissionsdiagramm aus dem Schadstoffgutachten des Kreuzfahrtterminals ansieht, wird feststellen, dass relevante Schadstoffmengen nur in unmittelbarer Nähe der liegenden Schiffe gemessen werden. Landstromversorgung findet natürlich auch nur während der Liegezeiten der Schiffe statt. Welchen Einfluss Schiffe in Fahrt, Frachtschiffe und sonstiger Hafenverkehr auf die Luftqualität haben lässt die Studie offen. Ebenfalls nicht geklärt ist, ob und wie die Anlage wirtschaftlich arbeiten kann.
Stellt sich also die Frage, ob die kommenden strengeren europaweiten Grenzwerte und die daraus folgenden notwendigen Veränderungen an den Schiffen selbst, und zwar aller Schiffe, nicht eine bessere Wirkung für die Umwelt haben, als ein System ohne „Anschlusszwang“, dass sowieso nur Wirkung in unmittelbarer Nähe des Kreuzfahrtterminals ausübt. Hintergedanke des IVH könnte aber auch die Befürchtung sein, dass genau diese Grenzwerte unter Umständen dazu führen, dass Hamburg als Kreuzfahrtstandpunkt per EU-Verordnung schlicht „verboten“ wird.