Skandal im Fährbezirk
HADAG hat keine Lust auf die HafenCity
Für den Hafengeburtstag war er schon in Benutzung und hatte seine praktische Eignung bewiesen, doch Fähren sollen nach Willen der HADAG und der Wirtschaftsbehörde erst zu Beginn des Betriebes der Elbphilharmonie dort anlegen – heißt nach jetzigem Stand im Dezember 2012. So lange dient der Anleger Elbphilharmonie den Möwen und Joggern als exklusiver Wendepunkt und gibt gelegentlich Barkassen die Gelegenheit ihr exklusives Publikum ein- oder aussteigen zu lassen, wie jüngst beim Besuch des Bundespräsidenten. Gegenüber dem Magazin „Nahverkehr Hamburg“ bestätigte eine Sprecherin der Wirtschaftsbehörde die Gerüchte: „Vor Dezember 2012 wird kein Schiff den neuen Ponton anlaufen.“ Das habe die Behörde nach eingehender Prüfung des geplanten Betriebskonzeptes entschieden. Grund ist angeblich die Haushaltslage, die die ermittelten 400.000 Euro Mehrkosten nicht verkraften könne. Die Behörde bezweifle außerdem, dass es genügend Fahrgäste für die HafenCity gebe.
Der informierte Leser wundert sich angesichts solcher Aussagen und fragt sich nach den wahren Hintergründen dieser Entscheidung. Fahrgäste gibt es sicherlich mehr als genug, auch an normalen Wochentagen sind alle Buslinien, die in die HafenCity führen, proppevoll. Zusätzlich steht die HafenCity auf dem Besuchsprogramm fast aller Hamburger Touristen – also eher zu viele als zu wenige Fahrgäste. Hier liegen dann wahrscheinlich auch die echten Beweggründe für die Entscheidung. Würde heute die Linie 62 einfach vom Anleger Sandtorhöft an die Elbphilharmonie verlegt, würden die beliebten Schiffe nach Finkenwerder schon proppevoll an den Landungsbrücken ankommen.
Dieser Aspekt erklärt auch die Planungen der HADAG, nicht die Linie 62 an der Elbphilharmonie, sondern eine neue Pendellinie 72 von den Landungsbrücken über den Anleger Arningstraße anlegen zu lassen. Alle müssten dann an den Landungsbrücken umsteigen, wenn sie nach Finkenwerder wollen. Zusätzliche Betriebskosten sind jedenfalls nicht der Grund für die Verzögerungen, da die Fähren bei der Anfahrt auf den Anleger Sandtorhöft sowieso am Anleger Elbphilharmonie vorbeikommen. Also alles Gerede von längeren Fahrzeiten ist in diesem Zusammenhang eine Schutzbehauptung, um das Konzept der HADAG nicht ändern zu müssen. Die Fähren sind ein echtes Aushängeschild und Erfolgsmodell für den Hamburger Nahverkehr.
Kein Verkehrsmittel ist so beliebt und so frequentiert wie die markanten Schiffe im Hamburger Hafen. Eigentlich sollte man meinen, dass dieses Modell zügig ausgebaut wird, zumal mit der HafenCity und demnächst auch Wilhelmsburg Stadtteile in den Fokus des Interesses rücken, die auf zusätzliche Verkehrsmittel von der Wasserseite dringend angewiesen sind, um den Staus auf der Straße zu entgehen. Anleger müssen geschaffen, Wassertaxis müssen genehmigt und die HADAG auch von der Stadt bei der Schaffung weiterer Fährlinien unterstützt werden. Und selbst wenn Touristen die überwiegende Zahl der Fahrgäste der Fähren am Wochenende ausmachen – auch diese sind zahlende Gäste und ein erheblicher Wirtschaftsfaktor für Hamburg.