Stilecht stranden
18 Inseln und 18 Episoden
„Die erste Insel, auf der ich strande, ist nur ein aufragendes Riff im Meer. […] Über mir ist eine sengende Sonne, die mich ausdörrt und verbrennt. Nichts wächst hier. Nichts bietet Schutz. […] Am Morgen des vierten Tages ist alles zu Ende. Ich hatte nicht die geringste Chance. Aber es war auch kein faires Spiel.“
In „Die Inseln, auf denen ich strande“ erzählt Lucien Deprijck 18 kurze und längere Geschichten, die alle dasselbe Thema haben, das Stranden auf einer Insel, sich aber stark voneinander unterscheiden.
Die Inseln, die vom tropischen Paradies bin hin zum kargen kleinen Felsen reichen, sind genauso variantenreich wie die Situationen und die Strandenden selbst.
So stellt der Protagonist auf der zweiten Insel fest: „Ich […] fühle einen seltsamen Frieden. Sitze so, wie jemand vor mir hier gesessen hat. Vor langer Zeit. Erst gestern. Vor Ewigkeiten. Soeben erst. Die Zeit ist tot. Mein Ich ist lange fort.“ Der Schiffbrüchige erlebt die sensorische Deprivation, sein größtes Glück ist es, „einen der Vögel in den starren Fingern zu halten“.
Das, was oftmals als Paradies dargestellt wird, nämlich zu zweit auf einer wunderschönen einsamen Insel zu stranden, bewahrheitet sich auf der dritten Insel nicht: Der Mann und die unbekannte Frau haben sich nichts zu sagen: „‚Das ist eine Insel‘, sagte ich, als ich bei ihr war. ‚Ja’, sagte sie, ‚ich weiß‘. Das war die ganze Unterhaltung.“
Auf der achten Insel wird der seit acht Jahren auf der Insel Lebende durch unerwartete Gäste gestört, doch er fühlt sich auf seiner Insel wohl: „Als das Schiff davonfuhr, war ich endlich wieder allein.“
Auf der fünften Insel kämpfen Passagiere eines gesunkenen Kreuzers erbittert um einen Platz auf dem Felsen: „Der Dicke versucht sich an unseren Beinen festzuklammern und hochzuziehen, aber wir treten ihn zurück ins Meer. Ich auch. Ich trete ihm wirklich auf die Finger!“
Die Geschichten umfassen ein breites Spektrum an sehr unterschiedlichen Inselerlebnissen und spannen einen Bogen vom Dramatischen bis hin zum Absurd-Komischen: „Am Ufer der siebten Insel […] weht eine deutsche Fahne. Ich versuche mit letzter Kraft […] zum rettenden Strand zu kraulen, wo ein Mann […] mir zuruft: ‚Mann, können Sie nicht lesen? Hier ist Schwimmen strengstens untersagt!‘“
Der 192-Seiten-Halbleinenband mit dreiseitigem Farbschnitt enthält 18 farbige Illustrationen von Christian Schneider, der als freischaffender Illustrator in Hamburg lebt.
„Die Inseln, auf denen ich strande“ ist ein vielseitiges Buch, das zum Nachdenken und Schmunzeln anregt und ein perfektes Geschenk nicht nur für Gestrandete ist.
Das Buch ist am 13. März 2012 im mareverlag erschienen (ISBN 978-3-86648-1718) und kostet 28 Euro. (AF)