„Tage der Industriekultur am Wasser“
Viel zu sehen vom 19. bis 21. August in Hamburg
Kultursenatorin Barbara Kisseler hat heute den Startschuss zu einem besonderen Projekt gegeben. Von Freitag bis Sonntag öffnen insgesamt 81 historische Industrieanlagen und Industriemuseen ihre Türen zu den ersten Tagen der Industriekultur am Wasser. Darunter auch einige Objekte in und um die HafenCity. Mitten im Herz: Der Schlepper Fairplay VIII, die Schaarhörn und der Dampfeisbrecher Elbe.
„Ich freue mich und bin ein bisschen stolz darauf, dass wir heute mit den Tagen der Industriekultur ein ganz neues Kulturereignis für die Metropolregion starten können. 81 Industriedenkmale und -museen sind dabei – der Katalog zu den Tagen ist gleichzeitig ein Reiseführer durch die Metropolregion. Er verknüpft zum ersten Mal alle Orte und Kreise auf eine einzigartige Weise miteinander.“ so Kisseler.
Die Tage der Industriekultur am Wasser laden zu einer Entdeckungsreise durch die Metropolregion Hamburg ein und stellen Denkmale der Industriegeschichte vor, die bisher der Öffentlichkeit weitgehend unbekannt geblieben sind. Im Mittelpunkt der dreitägigen Veranstaltungen steht Technik, die Wasser nutzt, Wasser beherrscht, am Wasser liegt. 81 historische Industrieanlagen und Industriemuseen in der Metropolregion öffnen sich – teilweise zum ersten Mal überhaupt – dem Publikum, um ihre Geschichte, ihre Funktion und ihre Architektur zu präsentieren. Mit dabei sind: Hafenanlagen, Werften, Kraftwerke, Wassermühlen, Schleusen, Brücken, Wasser- und Leuchttürme, Klärwerke, Fabriken und historische Schiffe und Museen. Zahlreiche Führungen, Lesungen, Vorführungen, Kulinarisches, Filme und Musik ergeben ein umfangreiches Programm für Technikbegeisterte, für Kulturliebhaber und Familien.
Viele Programmpunkte werden dem Publikum kostenlos geboten, andere können zu einem vergünstigten Tarif besucht werden. Der Katalog der Industriedenkmale mit einem ausführlichen Programmteil ist kostenlos in allen teilnehmenden Denkmalen und Museen und in den Tourismusinformationen der Metropolregion erhältlich. Das komplette Programm unter www.tagederindustriekultur-hamburg.de
Dampfeisbrecher Elbe
Die „Elbe“ gilt als der letzte betriebsfähige dampfbetriebene Flusseisbrecher in Deutschland. Im Mai 2009 startete sie – umfassend restauriert – in ihre erste Saison als Museumsschiff des Fördervereins Dampfeisbrecher Elbe e.V.. Auf Ausflugsfahrten kann es bis zu 150 Personen mitnehmen. Die von einem kohlegefeuerten Kessel gespeiste Zwei-Zylinder-Dampfmaschine leistet 280 PS. Das 30,3 Meter lange Binnenschiff war 1911 auf der Schiffswerft & Maschinenfabrik Gebrüder Wiemann in Brandenburg an der Havel gebaut worden. Eingesetzt wurde es bis 1972 als Eisbrecher und Schlepper von Lauenburg aus auf der Oberelbe und dem Elbe-Lübeck-Kanal. 1976 ging es noch einmal in Betrieb, wurde 1982 über einen Privatmann an das Technikmuseum Berlin abgegeben, 1987 nach Enkhuizen an das Ijsselmeer in die Niederlande getauscht, 1997 nach Hamburg geholt und ab 2001 restauriert.
Hafenmuseum
Mitten im Hamburger Hafen gibt es ein Ensemble für den klassischen Stückgutumschlag mit Schiffen und Eisenbahn, Schuppen und Kränen. Dazu gehören das Frachtschiff „Bleichen“ und die 1912 in Betrieb genommenen Schuppen 50 und 51 am Bremer Kai des Hansahafens. Diese Lagerhallen für Stückgut von Seeschiffen zählten zu den modernsten ihrer Zeit. Mit dem Siegeszug des Containers wurden derartige Anlagen nahezu überflüssig. An den 50er Schuppen aber können Besucher die traditionelle Hafenarbeit noch heute im Museumsbetrieb erleben.
Auf dem Freigelände stehen Portalkrane der Firmen Kampnagel und Krupp Ardelt, historische Van Carrier für den Containertransport und Fahrzeuge der Hafenbahn. Im Wasser schwimmen neben dem Frachter „Bleichen“ die Kastenschute „H 11347“ von 1913, der Dampfkran „Saatsee“ von 1917 und der ebenfalls dampfbetriebene „Sauger IV“ von 1909. Er pumpte einst von Baggern geförderter Sand und Schlick aus den Hafenbecken an Land. Im Schuppen gibt es ein Schaudepot zu den Themen Umschlag, Schiffbau und Revierschifffahrt. Das größte der etwa 10.000 Exponate ist der hölzerne Frachtewer „Hermann“ von 1905. Regelmäßig berichten Hafensenioren von ihrer Arbeit und führen Geräte vor.
Original erhaltener 60er-Jahre-Klassiker
Fairplay VIII
Der Erhalt des Hafenschleppers „Fairplay VIII“ ist ein Glücksfall. Denn die Stiftung Hamburg Maritim bekam mit dem kleinen Kraftprotz im Jahr 2009 ein voll funktionsfähiges und original erhaltenes Schiff von der Hamburger Reederei Fairplay-Towage geschenkt. Es kann besichtigt werden und unternimmt Ausflugsfahrten. Gebaut wurde die „Fairplay VIII“ 1962 von der reedereieigenen Werft Theodor Buschmann GmbH & Co. KG am Reiherstieg in Hamburg. Damals zählte der Schlepper mit einer Kortdüse und zwölf Tonnen Pfahlzug zu den hochmodernen Fahrzeugen. Mit einer Länge von gut 24,5 Metern ist er im Vergleich zu den modernen Nachfolgern aber eher klein.
Die „Fairplay VIII“ diente vor allem im Hamburger Hafen als Assistenzschlepper und wurde gelegentlich auch für Bergungen eingesetzt. Doch die Seeschiffe wurden immer größer, dafür war der Schlepper schließlich zu schwach. 2002 verlegte die Reederei ihn in die Ostsee nach Wismar, wo er noch bis 2009 im Einsatz war. Deck, Maschine, Brücke und Wohnräume blieben bis ins kleinste Detail original erhalten – vom elektrischen Kombüsenherd bis zur Wandlampe im Salon. Im Maschinenraum arbeitet ein 7-Zylinder-Dieselmotor von MAN mit einer Leistung von 600 PS.
Ein Schiff für den klassischen Hafenumschlag
MS Bleichen
Stückgutfrachter wie die „Bleichen“ haben den Hamburger Hafen vor der Zeit der Containerriesen geprägt. Die Stiftung Hamburg Maritim holte deshalb dieses Schiff 2007/08 in die Hansestadt, um im Hafenmuseum am Schuppen 50/51 den klassischen Stückgutumschlag demonstrieren zu können. Das fahrtüchtige Museumsschiff bietet außerdem ein Bild des Schiffbaus der späten 1950er Jahre. So stößt man an Bord auf vertraute Namen von Zulieferern. Gesteuert wurde es mit einem Kompass von Anschütz (Kiel), der Hauptmotor stammt von Deutz (Köln), die Kompressoren von Hatlapa (Uetersen), die Pumpen von Sihi (Itzehoe), die Rudermaschine von Kampnagel und der Propeller von Zeise (beide Hamburg). Die Nobiskrug-Werft (Rendsburg) hatte die „Bleichen“ für die Hamburger Reederei H. M. Gehrckens gebaut. Es war ein gefälliger, für die damalige Zeit schon etwas altmodischer Entwurf, der mit seiner Mittelbrücke an die klassischen Ostsee-Dampfer erinnerte. Gehrckens setzte die „Bleichen“ vor allem nach Finnland und Schweden ein. 1970 wurde sie nach Italien verkauft, seit 1979 war sie für einen türkischen Reeder im Schwarzen Meer und Mittelmeer vor allem mit Schrott unterwegs, bevor ihr selbst die Verschrottung drohte.
Weißer Schwan des Südatlantiks
Cap San Diego
Die „Cap San Diego“ gilt als das größte fahrtüchtige Museumsfrachtschiff der Welt. Und mit ihrer eleganten Silhouette, von dem Hamburger Architekten Cäsar Pinnau entworfen, zählt sie auch zu den schönsten historischen Schiffen. 1961/62 hatte die Deutsche Werft in Hamburg-Finkenwerder den knapp 160 Meter langen, schnellen Stückgutfrachter für die örtliche Reederei Hamburg-Süd gebaut. Zusammen mit fünf Schwesterschiffen fuhr die „Cap San Diego“ bis Ende 1981 im Liniendienst vor allem nach Südamerika. Später war sie als „San Diego“ für die spanische Reederei Ybarra und als „Sangria“ für die Mulitrade Shipping (Monrovia) im Einsatz, ehe die Stadt Hamburg den „weißen Schwan des Südatlantiks“ im Sommer 1986 unmittelbar vor dem Verschrotten kaufte und wieder in die Hansestadt holte. Zwei Jahre später übernahm die Stiftung Hamburger Admiralität die „Cap San Diego“ und betreibt sie seitdem vor allem mit ehrenamtlichen Seeleuten als Museumsschiff. Es repräsentiert den Höhepunkt des deutschen Schiffbaus mit mechanischen Steuerungen, bietet ein lebendiges technisches Museum, Gastronomie und Hotel, ist Veranstaltungsort und bricht mehrfach im Jahr zu Gästefahrten auf.