Tagebuch eines Gefangenen
Mein Leben in der HafenCity. Von Jimmy F.
Was bisher geschah: Jimmy ist traumatisiert. Er glaubt, dass seine MaMa (Abk. für Mach’ Mal schnell meinen Fressnapf sehr voll!) ihn mobbt und aus dem Haus haben will. Da sie ihm auch die Kreditkarte weggenommen hat, geht er davon aus, dass MaMa ihn nicht mehr liebt. In einer Zeitschrift hat er neulich das Thema „Unterhaltszahlungen bei Scheidungen“ angeknabbert und fürchtet nun, dass er demnächst auf dem Trockenen sitzt …
Wie kommt man als Kater an richtig viel Kohle ran? Diese Frage beschäftigt mich, seitdem MaMa mir ihre Kreditkarte weggenommen hat. Die Frau, die sonst über alles stundenlang diskutiert, hat wortlos ihr Plastikgeld eingezogen. Zurück bleiben ich und meine unbezahlten Rechnungen. Als Kater von Welt hat man schließlich gewisse Verpflichtungen, die nicht billig sind: Meine Fans fordern immer mehr Autogrammkarten, es stehen diverse Geburtstagsfeiern meiner weiblichen Anhängerinnen an – bei solchen Gelegenheiten lasse ich es „rote Rosen regnen“ – und meine Krankenversicherung wird wieder fällig. Es wird eng! Plan A ist ein Gespräch mit meinem Herausgeber. Er zeigt großes Verständnis für mein Problem und möchte mich als „seinen besten Kolumnisten“ nicht verlieren. Ab sofort erhalte ich zwei Salamistangen pro Ausgabe und somit eine 100-prozentige Honorarsteigerung. Ich betrachte es als Verhandlungserfolg, bis … ja bis ich mit meiner Krankenkasse in die Verhandlung gehe: Der nette Sachbearbeiter legt mir per Mail glaubwürdig dar, dass er Salamistangen nicht als gesetzliches Zahlungsmittel anerkennen kann. Plan B muss her: ein Schutzschirm für Katzen, die als Geiseln in der HafenCity leben! Im Internet suche ich verzweifelt nach den erforderlichen Antragsformularen und scheitere erbärmlich an meinen Sprachkenntnissen. Ich kann weder griechisch noch irländisch oder portugiesisch und schon gar nicht spanisch miauen. Auch die Buchung der Weiterbildungsmaßnahme „Schutzschirm für berühmte Katzen“ an der Volkshochschule ist nicht möglich, da ich dazu ebenfalls eine Kreditkartennummer brauche. Plan C und damit die Lösung aller meiner Probleme habe ich Moby zu verdanken. Sie erinnern sich noch an meinen guten Kumpel? Der 23-jährige lebenserfahrene Kater von MaMas Schwester? Moby ist wieder einmal bei uns zu Besuch. Sein Frauchen hat ihm vor ihrer Abreise verraten, dass demnächst in der HafenCity Trödelmarkt ist. Moby schlägt mir vor, einen eigenen Stand anzumelden und dort die Sachen zu verkaufen, die ich nicht mehr gebrauchen kann. Nach kurzer Überlegung habe ich die Lösung: Ich kann MaMas Schuhe, Handtaschen und Schals nicht mehr gebrauchen! Überhaupt gibt es in unserer Wohnung viele Sachen, mit denen ich nicht spielen darf und daher nicht wirklich benötige. Dazu gehören auch all die Bücher, die ich bereits angeknabbert habe und die ich jetzt auswendig kenne, sowie die Lederstühle, die ich nicht ankratzen darf, und die blöden Keramikkatzen, die sowieso nicht mit mir reden wollen. Also weg damit! Ich zähle auf Sie! Kommen Sie zum Trödelmarkt und helfen Sie mir, reich zu werden … (JF)