Tagebuch eines Gefangenen
Mein Leben in der HafenCity. Von Jimmy F.
Was bisher geschah: Jimmy F., berühmter Kolumnist und anerkannter Sofa-Tiger will seinen Horizont erweitern. Mit seiner MaMa (Abk. für: Mach Mal Die Tür Auf) trifft er eine Vereinbarung: Künftig darf er eine Stunde am Tag raus und wird dafür nicht mehr an den Lederstühlen kratzen. Entnervt gibt MaMa auf …
„Freiheit wird einem nicht geschenkt, die muss man sich erkämpfen“, lernte ich von Moby, bevor er uns wieder verließ und zurück zu MaMas Schwester gefahren wurde. Seine Erzählungen von Mäusen (energiereiche Eiweiß-lieferanten) und von tollen Katzenfrauen (Hallo Mädels, ich komme!) gehen mir nicht mehr aus dem Sinn (Anm. der Red.: Jimmy, erinnerst Du Dich noch an den kleinen operativen Eingriff in Deiner Jugend?). Jetzt ist es soweit, ich gehe raus und streune eine Runde. Schade, dass MaMa sich weigert, den Fahrstuhlknopf zu drücken. Also nehme ich die Treppe und warte unten schnaufend darauf, dass ein Nachbar mir die Tür öffnet. Kurze Zeit später bin ich draußen und muss mich erst mal orientieren (Anm. der Red.: Wir empfehlen für solche Fälle unseren Gewerbeplan.). Rechts vom Hauseingang befindet sich der Innenhof. Wow, ist das toll hier. Hier muss doch eine Maus sein, also suche ich unter den Hecken und schrecke dabei 100 Spatzen auf, die mir respektvoll den Weg freimachen. Ist das lustig, ob die wohl auch Eiweiß liefern? Plötzlich stolpere ich über eine Karotte. Hilfe, wer will mich mit Vitaminen vergiften? Eine weitere Karotte fliegt knapp über meinen Kopf hinweg, jetzt versucht man mich mit Vitaminen zu erschlagen.
Also ducke ich mich und schau mich mit angstgeweiteten Augen um – hoffentlich kommt jetzt keine scharfe Katzenbraut vorbei, die mich in diesem Zustand erlebt –, und was sehe ich da!? Eine Nachbarin wirft mit Karotten, und zwei Kaninchen hoppeln auf dem Rasen. Super, zwei Spielkameraden. Ich laufe hin und will mich bei den beiden höflich vorstellen, daraufhin hoppeln die beiden mit einem Sprung weg und sind nicht mehr zu sehen. Zurück bleiben nur drei eiweißarme Karotten, die mich nicht die Bohne interessieren. Schade! Na ja, morgen versuche ich es nochmal. Entspannt lege ich mich in das Ende eines Sonnenstrahls und knabbere das Gras an, bis es plötzlich hinter mir knurrt (Anm. der Red.: Schnell, lauf weg!), ich drehe mich um und sehe das Weiße im Auge meines Gegenübers: Was ist das? Für ein Schwein zu klein, für eine Maus eindeutig zu groß und es ist bestimmt kein Kaninchen. Hilfe, das ist ein Hund! Was soll ich nun tun? Zurückknurren kann ich nicht, miauen dürfte hier auch nicht weiterhelfen, bleibt mir nur der geordnete Rückzug: Muskeln anspannen, ein kurzes „Hallo, meine Stunde ist um“ rufen und rennen, rennen, rennen – bis ich von der Türscheibe unsanft gestoppt werde. Hier warte ich nun, platt wie ein Gecko (lecker, haben auch viel Eiweiß), auf einen hilfreichen Türöffner. Oben angekommen, begrüßt MaMa (Abk. für: Mach Mal Endlich Die Tür Auf Und Den Napf Voll) mich mit einem liebevollen „Komm rein, Du Held“. Oh, ist das schön hier …