Tagebuch eines Gefangenen
Mein Leben in der HafenCity. Von Jimmy F.
Was bisher geschah: Jimmy leidet! Er wird von MaMa nicht ernst genommen. Das Jahr ist fast um, und sie erfüllte ihm keinen seiner Wünsche. Kein Auto, keine eigene Wohnung, keine Urlaubsreise ist das armselige Ergebnis dieses arbeitsreichen Jahres. Obendrein bekam er Post vom Finanzamt: Salamistangen, der karge Lohn für seine Kolumne, sind als geldwerter Vorteil zu versteuern.
Weihnachten steht vor der Tür, und ich grüble die ganze Zeit darüber nach, was ich mir wünsche. Gedankenverloren ritze ich meinen Wunschzettel mit meiner Lieblingskralle in MaMas Lieblingslederstuhl. Wow! Geht besser als mit dem Kugelschreiber auf unseren weißen Wänden. Als MaMa meinen Wunschzettel im letzten Jahr an der Wand im Flur fand, hat sie den Maler kommen lassen, und außer einer frisch geweißten Wand gab es kein einziges Weihnachtsgeschenk. Das passiert mir nicht nochmal. MaMas Arglist ist auch der Grund, warum ich keine Excel-Datei mit meinen Wünschen fülle. Die Frau, die sonst sehr nett ist und mich ernährt, ist auch in der Lage, Dateien zu löschen. Als ich den Stuhl fertig beschriftet hatte, fiel mir ein, dass ich für alle meine Lieben auch Geschenke besorgen muss. Für MaMa habe ich bereits ein Weihnachtsgeschenk. Letzte Woche hat sie einen ihrer Ringe auf dem Couchtisch liegen lassen. Natürlich habe ich damit gespielt, bis der Ring unter das Sofa kullerte und dort liegen blieb. Als ich am nächsten Tag merkte, dass MaMa traurig über den Verlust des Ringes war, hatte ich eine Eingebung: Wie sehr wird sie sich freuen, wenn ich ihr den Ring unter den Tannenbaum lege? Nun muss ich nur noch etwas für MaMaMa besorgen. Madame Madame-Mauvais hat sich das ganze Jahr über meine Sorgen angehört und war immer auf meiner Seite. Dafür hat sie ein ganz besonderes Geschenk verdient: ein wunderschönes Bilderbuch, das ich individuell beknabbere. Ich glaube nicht, dass MaMa das teure Stück vermissen wird; wir haben doch so viele Bücher, und das kennt sie bestimmt schon auswendig! Meinem Chefredakteur schenke ich einen Bettelbrief. Darin informiere ich ihn über das Thema Inflationsausgleich und füge vorsichtshalber eine Kopie meines Steuerbescheides bei. Und weil MaMa letztens sagte, dass geben seliger sei, denn nehmen, schenke ich all meinen lieben Freunden in der Redaktion eine Autogrammkarte von mir. Dann müssen die mir auch was schenken … schnurr …! Ich liebe Weihnachten. Nicht zuletzt, weil MaMa (Abkürzung für: Mach es mal gemütlich) einen Monat lang die ganze Wohnung mit Katzenspielzeug schmückt. Ich genieße es mit den Katzenweihnachtskugeln so lange zu spielen, bis MaMa neue aus dem Keller holen muss. (Anmerkung der Redaktion: Liebe Kinder, bitte nicht nachmachen). Leider habe ich heute keine Zeit zum Spielen. Ich bin mit meinen Hundefreunden verabredet. Henry will uns unbedingt seinen neuen Kumpel Norbert vorstellen. Norbert ist ein Seehund und zu Besuch in Hamburg. Er wohnt zurzeit an der Dalmannkaipromenade und ist ein hervorragender Schwimmer. Ob es wohl auch Seekatzen gibt? (JF)