Tagebuch eines Gefangenen
Mein Leben in der HafenCity. Von Jimmy F.
Was bisher geschah: Seit fünf Jahren lebt Jimmy in der HafenCity. In dieser Zeit entwickelte sich der neurotische, junge Kater zu einem anerkannten Journalisten, der mit seiner Kolumne Monat für Monat viele Menschen begeistert. Seine MaMa (Abk. für: Mach’ mal wieder meinen Futternapf voll!) erlaubt ihm immer häufiger Ausflüge in die nähere Umgebung …
Ich sitze im Treppenhaus und warte auf meinen Türöffner. In der Zwischenzeit studiere ich den Stadtplan, denn heute will ich mir das komische Haus mit den merkwürdig glitzernden Fenstern angucken, das ich sonst nur von der Dachterrasse aus sehen kann. Seitdem Henry – ein wirklich süßer Baby-Hund, der ständig mal muss – bei uns im Haus wohnt, sind Henrys Besitzer meine Pförtner. Wie erwartet, bin ich schnell draußen, und das Abenteuer kann beginnen. Diesmal gehe ich linksrum, und mich trifft der Schlag. Wow, am Ende der Straße steht das größte Haus, das ich in meinem Leben gesehen habe; ich kann meinen Blick nicht abwenden, das ist also die Elbphilharmonie. Plötzlich höre ich hinter mir schlurfende Schritte, die immer näherkommen, meine Nackenhaare sträuben sich, zum Glück kommt ein Hauseingang, in den ich hineinschlüpfen kann, um so meinen Verfolgern zu entkommen: 20 Menschen – soweit kann ich zählen – in gelben Gummistiefeln und mit weißen Helmen auf dem Kopf sind hinter mir her. Gruselig! (Anm. der Red.: Jimmy, werde nicht hysterisch. Das ist eine der Besuchergruppen der Elbphilharmonie).
Ich zittere und wünsche mir erneut, dass keine scharfe Katzenbraut in diesem Moment vorbeikommt und mich in diesem Zustand sieht. Vorsichtig folge ich ihnen und sehe, dass sie in das große Haus reingehen. Draußen lese ich ein Schild: „Baustelle kann nur mit Sicherheitskleidung betreten werden.“ Ich suche und finde keinen Helm in meiner Größe, was soll auch schon passieren? Ich glaube nicht, dass mir das Dach hier auf den Kopf fällt (Anm. der Red.: Jimmy, sei vorsichtig! Zieh Dir wenigstens Gummistiefel an!), ich beschließe mich an der Security vorbei reinzuschleichen und scheitere. Ich werde weggescheucht, wie demütigend. „Wissen Sie denn nicht, mit wem Sie es tun haben?“, miaue ich noch im Weglaufen. Damit mein Ausflug nicht ganz umsonst ist, schaue ich mir noch die Sandtorhafenklappbrücke an. MaMa (Abk. für: Mach mal die Heizung an, ich bin gleich zu Hause!) erzählte mir im letzten Sommer von den fetten und bestimmt eiweißreichen Brückenspinnen. Aber auch hier bin ich erfolglos, später erfahre ich, dass Spinnen bei Temperaturen unter 0 Grad woanders wohnen, vielleicht in der Baustelle nebenan? Geknickt laufe ich nach Hause, zum Glück öffnet mir Henrys Herrchen wieder die Tür. Oben angekommen, lege ich mich auf den warmen Fußboden und schaue mir auf der Galerieseite von hafencitynews.de die Fotos an, die der Herausgeber der Zeitung von und aus der Elbphilharmonie heraus gemacht hat. Und plötzlich muss ich lachen und verschlucke mich fast an meinem Katzenbonbon: Wie der wohl mit dem Helm auf dem Kopf ausgesehen hat? (JF)