Weltmeisterlich

hcztitel072014Editorial

Der Sommer hat angefangen – noch wenig sommerlich, doch hat uns das Frühjahr ja schon mit viel blauem Himmel und Sonnenschein verwöhnt, also kein Grund zu klagen. Bei der Weltmeisterschaft in Brasilien läuft es aller Wahrscheinlichkeit auch nicht schlecht für Deutschland. Mehr als jedes Jahr besteht keine Gefahr eines Sommerloches in der HafenCity. Neben dem Fußball gibt es jede Menge Gelegenheiten, an Events teilzunehmen. Am ersten Juliwochenende geht es los. Neben den Harley-Days eröffnet der Designexport seine Pforten, es folgt eine kleine Ruhepause und dann gleich das Ducksteinfestival als Großereignis an den letzten beiden Juliwochenenden und auch unter der Woche. Neben der Reeperbahn dürfte die HafenCity die Eventlocation in Hamburg sein. Man gewöhnt sich daran, von irgendwoher immer Musik im Hintergrund zu hören – jeden Abend um die gleichen Zeit ertönt das dramatische Trommeln zum Auftakt der Drei Musketiere aus dem Thalia-Zelt auf dem Strandkai, auch das Samba-Trommeln auf dem Überseeboulevard ist stets präsent. Die HafenCity ist kein Stadtteil für diejenigen, die Ruhe suchen, besonders im Sommer nicht. Dabei verlangt der Partymarathon von allen Beteiligten die Kondition eines Marathonläufers, denn wer an allem teilnehmen möchte, verliert bald den Überblick darüber, was alles läuft – und bei allem mitzumachen, erweist sich bald als unmöglich. Einerseits zwar toll, andererseits schaltet sich irgendwann der Verstand ein und fragt: „Passiert eigentlich noch irgendwas in Hamburg nicht in der HafenCity?“ Für die Verkäufer und Vermarkter von Immobilien und Wohnungen könnte sich diese weltmeisterliche Dichte an Veranstaltungen irgendwann zum Bumerang entwickeln: Wenn nur noch Menschen in die HafenCity ziehen können und vor allem dann auch noch bleiben sollen, die hartgesotten jedes Wochenende unter ihren Wohnungen jede Menge Aktion vertragen, könnte es bald problematisch werden, Kunden zu finden. Ein breites Arbeitsfeld für die Soziologen öffnet sich. Einen Kopfhörertag – wie beim Ducksteinfestival angekündigt – einzuführen ist da eine eher befremdliche Lösung, die beabsichtigte Rücksichtnahme dabei in allen Ehren. Musik über Kopfhörer hören kann man auch ohne Festival, Live-Musik muss man fühlen, sonst kann man es gleich bleiben lassen. Wie gesagt, von Sommerloch in der HafenCity keine Spur – Party On!