Wem die Stunde schlägt
Alte Tradition in neuem Stadtteil
Die Glockenschläge der Katharinenkirche kann der aufmerksame Zuhörer überall in der HafenCity hören – wenn sie denn nicht im allgemeinen Lärm des Tages untergehen. In windstillen Nächten vermitteln die Stundenschläge ein kleines Gefühl von Heimat und auch von Geschichte. Eine ganz andere Geschichte wird seit einigen Wochen rund um den Sandtorhafen erzählt. Auch hier geht es um eine Glocke, doch diese befindet sich auf einem Schiff. Eher zart und doch wiedererkennbar schlägt diese Glocke regelmäßig die Zeit an. Besonders prägnant um acht Uhr morgens, wenn acht Schläge gut vernehmbar den Arbeitstag vieler Menschen in der HafenCity begleiten. Die Glocke, die man hört, ist die Schiffsglocke der Shtandard, die seit einigen Wochen Gast im Sandtorhafen ist und die uralte Tradition des Glasens pflegt. Das Glasen ist die Art der Zeitrechnung, mit der vor Erfindung der Chronometer der Ablauf der Wachen an Bord geregelt wurde. Zwei Stundengläser, eines für eine halbe und eines für vier Stunden, bestimmten den Rhythmus an Bord. Jeweils mit Wenden eines Glases wurde die Schiffsglocke geschlagen.
Beim ersten Mal einmal, beim zweiten Mal zweimal und bei Vollendung der vier Stunden, wenn das Vierstundenglas gewendet wurde, achtmal. Ein Vierstundenrhythmus bestimmt also den Tag auf einem Schiff. Wenn man morgens acht Doppelschläge hört, ist das das Ende der Morgenwache und der Beginn der Vormittagswache. Mittags um zwölf werden wieder acht Doppelschläge geschlagen, die Nachmittagswache löst die Vormittagswache ab. So vergeht der Tag in sechs Wachen und endet mit der Hundswache, die von Mitternacht bis vier Uhr geht. Eine schöne Tradition, die man vermissen wird, wenn die Shtandard den Hafen wieder verlassen hat, aber vielleicht ergreift ja jemand die Initiative und führt diese Tradition auch abseits eines im Hafen liegenden Schiffes fort.